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Brücken bauen zwischen den Kulturen: Erasmus-Fortbildung in Istanbul
Istanbul - eine beeindruckende Weltmetropole mit bis zu zwanzig Millionen Einwohnern, die sich über etwa hundert Kilometer erstreckt und als einzige Stadt der Welt auf zwei Kontinenten liegt. Der Bosporus - entgegen häufiger Annahme kein Fluss, sondern eine Meerenge zwischen dem Schwarzen Meer und dem Marmarameer - trennt und verbindet zugleich Europa und Asien, was Istanbul zu einem idealen Ort für interkulturelle Begegnungen macht. Die Stadt besticht durch ihre außergewöhnliche Vielfalt und die bemerkenswerte Freundlichkeit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Moderne Lebensart und traditionelle Werte existieren hier harmonisch nebeneinander - junge Menschen studieren an prestigeträchtigen Universitäten, während jahrhundertealte Traditionen im Alltag lebendig bleiben.
In dieser faszinierenden Kulisse fand vom 5. bis 10. Mai 2025 eine internationale Erasmus+-Fortbildung statt, an der unsere Schule teilnehmen durfte. "Supporting Diversity with Intercultural Education in the Classroom" brachte in 30 intensiven Trainingsstunden Lehrkräfte aus verschiedenen europäischen Ländern zusammen: Spanien, Finnland, Deutschland und der Türkei. Unter der Leitung von Trainerin Ayşe Merve Süt erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein offizielles Zertifikat der Europass Teacher Academy.
Interkulturelle Kompetenz für eine vielfältige Schulgemeinschaft
Der Workshop vermittelte wertvolle Werkzeuge und Methoden, um kulturelle Vielfalt im Klassenzimmer zu fördern und einen inklusiven Lernraum zu schaffen, in dem alle Schülerinnen und Schüler gehört und wertgeschätzt werden. In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft und Schulen immer diverser werden, sind diese Fähigkeiten von unschätzbarem Wert.
Besonders eindrucksvoll war die Auseinandersetzung mit dem "Kulturellen Eisberg-Modell", das veranschaulicht, wie viele kulturelle Aspekte unter der Oberfläche liegen und nicht sofort sichtbar sind. Während Elemente wie Essen, Musik und Kleidung leicht zu erkennen sind, bleiben Werte, Überzeugungen und unbewusste Regeln oft verborgen, können aber zu Missverständnissen führen.
Kulturelle Unterschiede verstehen und überbrücken
Ein Höhepunkt der Fortbildung war die intensive Beschäftigung mit Erin Meyers "Culture Map"-Modell, das acht Dimensionen kultureller Unterschiede in der Kommunikation und Zusammenarbeit aufzeigt. Von expliziten versus impliziten Kommunikationsstilen bis hin zu verschiedenen Ansätzen bei Entscheidungsfindung und Konfliktlösung – das Modell bot praktische Orientierung für den Umgang mit kultureller Vielfalt.
In interaktiven Übungen ordneten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Länder auf diesen Dimensionen ein und diskutierten, wie sich diese Unterschiede im Schulalltag bemerkbar machen können. Besonders aufschlussreich war die Erkenntnis, dass Deutschland als "Low-Context"-Kommunikationskultur gilt, in der direkte und explizite Kommunikation geschätzt wird, während viele andere Kulturen eher "High-Context" sind und Botschaften oft zwischen den Zeilen vermitteln.
Vorurteile erkennen und Empathie fördern
Um eigene unbewusste Vorurteile zu reflektieren, wurde der "Implicit Association Test" von Harvard genutzt. Diese wissenschaftlich fundierte Methode half den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu verstehen, wie tief verwurzelte Annahmen die Sichtweise auf andere Kulturen beeinflussen können.
Eine besonders eindringliche Aktivität war "Whom to Leave Behind?" – ein ethisches Dilemma, bei dem in Kleingruppen entschieden werden musste, welche Personen in einem fiktiven Asteroiden-Szenario gerettet werden sollten. Die anschließende Reflexion verdeutlichte, wie stark kulturelle Prägungen und persönliche Werte Entscheidungen beeinflussen und welche Stimmen in Gruppendiskussionen mehr oder weniger Gehör finden.
Praktische Methoden für den Schulalltag
Die Fortbildung war voller praktischer Ideen:
- Etablierung von "Safe Spaces" im Unterricht – geschützte Räume, in denen Schülerinnen und Schüler authentisch sein können
- Deep Democracy-Methoden für konstruktive Konfliktprävention mit Tools wie "4 Steps", "Soft Shoe Shuffle" und "Golden Arrows"
- KI-Tools wie Magic School für differenzierten Unterricht
- Empathie-Übungen wie "Story of My Name" und "My Favorite Word in My Native Language"
- Innovative digitale Werkzeuge wie "Food Mood", ein KI-gestütztes Experiment von Google, das Rezepte aus unterschiedlichen Küchen kombiniert
Die vorgestellten KI-Tools Mizou, Magic School und Curipod bieten vielfältige Möglichkeiten zur Differenzierung im Unterricht und ermöglichen es, Lernmaterialien an unterschiedliche Bedürfnisse anzupassen.
Kultureller Austausch vor historischer Kulisse
Istanbul als Veranstaltungsort bot die perfekte Kulisse für diese Fortbildung. Im Rahmen einer digitalen Stadtrallye mit der GooseChase-App konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kulturelle Highlights wie die Hagia Sophia, die Blaue Moschee und den Großen Basar erkunden und so die theoretischen Konzepte in einem lebendigen kulturellen Kontext erleben.
Wie der Bosporus Europa und Asien verbindet, so können auch an unserer Schule Brücken zwischen Kulturen gebaut werden – für eine Schulgemeinschaft, in der sich alle willkommen fühlen und ihre individuellen Stärken einbringen können!
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